Es gibt eine erstaunlich große Anzahl ähnlich aussehender Schiebespiele, von denen die meisten erschreckend kompliziert sind. Im Unterschied zum Boss Puzzle hat das Spielbrett meist größer, es hat oft die Größe 4x5. Allerdings sind nicht alle Elementarquadrate einzeln beweglich, sondern es sind auch Spielsteine der Größe 1x2 oder ein großer Stein vom Format 2x2 enthalten. Möglicherweise auch noch andere.
Mindestens zwei Elementarquadrate sind jeweils frei, damit auch die größeren Steine in jede Richtung bewegt werden können. Eine typische Aufgabe des Geduldspiels besteht darin, den großen 2x2-Stein von einer Startposition zu einer Zielposition zu bewegen. In der Startposition sind auch die Positionen der restlichen Steine vorgegeben, beim Ziel kann die Lage der anderen Steine vorgegeben sein oder auch nicht. Puzzles dieser Art gibt es bereits seit mehr als 100 Jahren.
Ältere Geduldspiele bestehen meist aus Holz; manchmal hat der Rahmen einen Schlitz, durch den der große Stein an seiner Zielposition den Rahmen verlassen kann. Andere Steine dürfen natürlich nicht zwischenzeitlich den Rahmen verlassen. Manchmal tragen die Steine Namen oder Bilder, so soll beim Eselspuzzle der mit einem Esel bedruckte Stein aus dem Rahmen befreit werden.
Schwierigkeit: Die Schwierigkeit des Geduldspiels erhöht sich im Vergleich zum Boss Puzzle dramatisch, da plötzlich komplizierte Strategien benötigt werden, um die größeren Spielsteine aneinander vorbei zu bewegen. Die Schwierigkeit solcher Puzzles kann durch die minimale Anzahl der nötigen Züge beschrieben werden. Wenn mehr Züge nötig sind, kann man unterwegs mehr Fehler machen. Man kann zusätzlich die folgenden Unterschiede bei der Aufgabenstellung machen.
- Die naheliegendste Aufgabe besteht darin, das Geduldspiel überhaupt entsprechend der Regeln zu lösen.
- Wenn das klappt, kann man sich bemühen, mit möglichst wenigen Zügen von der Start- zur Zielkonfiguration zu gelangen.
- Man kann nach der Minimalzahl von notwendigen Zügen suchen. Das läuft auf einen Beweis hinaus, dass es mit weniger Zügen nicht geht. Für diese Aufgabe kann uns wieder der Computer helfen. Interessant ist, dass viele mit älteren Geduldspielen mitgelieferte Lösungen bei weitem nicht minimal waren.
Züge zählen: Wie man die Züge zählt, ist auch nicht ganz klar: Manchmal kann einen Stein zwei Felder weit ziehen, entweder geradeaus oder auch um die Ecke. Manchmal kann man auch mehrere Steine gleichzeitig verschieben. Wie zählt man solche Züge? Auf die verschiedenen Arten kommen also verschiedene Zugzahlen heraus und man muss immer genau sagen, was man gezählt hat. Es gibt die folgenden Möglichkeiten:
- (Einzeln) Bei einem Zug darf nur ein einzelner Stein um ein Feld weiterbewegt werden.
- (Geradlinig) Diese einzelnen Züge sind etwas wirklichkeitsfremd. Falls möglich, führt man mehrere solche Einzelschritte hintereinander als einen einzigen Zug aus: Man nimmt einen Stein in die Hand und bewegt ihn geradeaus (also waagerecht oder senkrecht), soweit man will.
- (Rektilinear) Manchmal kann man einen Stein nicht nur geradeaus, sondern weiter um die Ecke bewegen. Dies ist bei rektilinearen Zügen erlaubt. Diese Zählweise wurde von Martin Gardner vorgeschlagen.
- (Gruppenweise) Hier ist es zusätzlich erlaubt, gleich mehrere Steine anzufassen und mit der gesamten Gruppe die gleiche Bewegung auszuführen. Solche Züge zählt der SBP-Solver.
Es ist nicht so, dass man diese unterschiedlich gezählten Weglängen auf einfache Weise ineinander umrechnen kann. Auch kann es für verschiedene Arten der Längenmessung verschiedene kürzeste Wege geben. In dem folgenden Beispiel sind für den gelben Stein zwei Wege möglich, um in die rechte untere Ecke zu kommen.
Bei der Zählung der Einzelschritte ist der ist der blaue zickzack-förmige Weg mit 6 Zügen kürzer als der braune Weg am Rand entlang mit 8 Zügen. Bei der Zählung der geradlinigen Züge mit möglicherweise längeren Einzelschritten ist der Weg am Rand entlang mit drei Zügen kürzer als der zickzack-förmige Weg mit 5 Zügen. In den meisten praktisch relevanten Fällen werden die kürzesten Wege unabhängig von der Art der Zählung übereinstimmen.
Das größte Problem bei dieser Art Geduldspiel besteht darin, die jeweils großen Steine aneinander vorbei zu bewegen. Hier hilft etwas Übung, weil man einige Zugfolgen immer wieder anwenden kann.
Deshalb gibt es zwei kleinere Schiebespiele, mit denen man diese Fertigkeiten trainieren kann. Diesen soll ein Extra-Post gewidmet werden.
Natürlich können wir uns weitere Verkomplizierungen vorstellen, die auch alle bei anderen Schiebespielen vorkommen:
- Das Spielbrett kann größer sein als 4x5, beispielsweise 5x6.
- Einzelne Ecken oder andere Teile können aus dem Spielbrett entfernt worden sein.
- Die Spielsteine müssen nicht konvex sein, beispielsweise sind V-förmige Steine aus drei Elementarquadraten (V-Tromino) möglich.
- Steine gleicher Form können nummeriert oder beschriftet werden, damit sie unterscheidbar werden.
Historisches: Solche Schiebespiele gibt es schon vor 1910, mittlerweile ist die Anzahl riesig und es gibt auch Online-Varianten [1]. Die Puzzles tragen oft reine Phantasienamen (wie Red Donkey Puzzle), so tauchen identische Geduldspiele unter verschiedenen Namen auf. Hier soll wieder versucht werden, mit einem Steckbrief eine gewisse Übersicht zu behalten. Eine wichtige Quelle ist das Buch von Edward Hordern [2].
- Nick Baxter's Sliding Block Puzzle Page
- L. E. Hordern: Sliding Piece Puzzles, Oxford University Press, 1986
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