Für viele startete die ernsthafte Beschäftigung mit Geduldspielen mit dem Rubik-Würfel, im deutschen Sprachraum auch oft Zauberwürfel genannt.
Alles begann im Jahr 1974 mit dem 3x3x3-Würfel von Ernő Rubik: Im Ausgangszustand ist der Würfel auf jeder Seite einfarbig. Der Würfel ist in jeder Richtung in drei gleichhohe Schichten unterteilt, die sich jeweils einzeln in 90Grad-Schritten drehen lassen. Nach wenigen solchen Drehungen geraten die Elementarwürfel heillos durcheinander und die Aufgabe besteht darin, die farbliche Ordnung wieder herzustellen.
Das Geduldspiel ist faszinierend, weil vorher nichts Vergleichbares bekannt war und weil es ohne eine ausführliche Analyse der Auswirkungen von gewissen Zugfolgen praktisch nicht lösbar ist. Theoretisch anspruchsvoll ist auch die zugrundeliegende Mathematik aus dem Bereich der Gruppentheorie. Aus diesem Grund war der Rubik-Würfel unter Mathematikern schon gut bekannt, bevor er seinen Siegeszug in den Spielzeugläden antrat.
Mittlerweile gibt es sie in verschiedenen Größen, teilweise mit exzellenter Mechanik und mit unterschiedlicher Gestaltung des Äußeren. Zunächst waren alle Würfelkörper schwarz und mit farbigen Aufklebern versehen. Später gab es alternativ weiße Grundkörper, mittlerweile sind fast alle Farben möglich. Die letzte Neuerung sind "durchgefärbte" Außenteile: Statt farbiger Aufkleber bestehen die entsprechenden Seitenteile aus Kunststoff in der passenden Farbe.
Auch die Mechanik übte Faszination aus, da eigentlich niemand glauben wollte, dass ein derart beweglicher Würfel machbar ist. Aber das alles war erst der Anfang einer langen und zu Beginn kaum vorstellbaren Geschichte: Mittlerweile gibt es mehr als 5000 verschiedene Drehpuzzles (engl. twisty puzzles), siehe [1]. Viele ganz verschiedene Körper sind zu Drehpuzzles geworden: Würfel und Quader anderer Seitenlängen, andere Polyeder wie Tetraeder oder Dodekaeder oder auch Kugeln oder eiförmige Körper sowie scheinbar völlig unregelmäßige Körper.
Hier wollen wir uns zuerst mit den "offensichtlichen" Rubik-Würfeln beschäftigen: Sie sehen aus wie Rubik-Würfel und verhalten sich auch so: Die Schichten lassen sich einzeln jeweils um 90 Grad drehen, und weitere Drehungen sind nicht möglich.
Rubik-Würfel von 1x1x1 bis 7x7x7 |
Zauberwürfel mit anderen Seitenlängen: Nach dem 3x3x3-Zauberwürfel wurden auch Zauberwürfel mit anderen Seitenlängen hergestellt:
- 1980: 2x2x2 Pocket Cube: Ernő Rubik und andere
- 1981: 4x4x4 Rubik’s Revenge / Rubik’s Master Cube: Peter Sebestény
- 1983: 5x5x5: Professor’s Cube
- 2008: 6x6x6: Der Würfel mit der größten Seitenlänge in der klassischen Würfelform. Rubik-Würfel mit größerer Seitenlänge sind entweder nach außen gewölbt oder die äußeren Schichten sind deutlich stärker. Anderenfalls würden sich Eckwürfel bei der 45Grad-Drehung einer Schicht sich vollständig außerhalb des Würfelkörpers befinden. Dies wird sehr schön im Video [4] erklärt.
- 7x7x7 bis 17x17x17: Diese Größen sind in Serienfertigung und lieferbar.
- Weltrekord: Noch größere Würfel sind Einzelanfertigungen mit 3D-Druck, der momentane Weltrekord (2021) steht bei 33x33x33 [3].
- Und Spaßvögel bieten der Vollständigkeit halber noch den 1x1x1-Würfel an.
Absolute Schwierigkeit: Bei der Beschreibung der Schwierigkeit müssen wir diesmal anders vorgehen. Normalerweise ist ein Geduldspiel sehr schwierig, wenn es binnen einiger Stunden lösbar ist für jemanden, der noch kein derartiges Geduldspiel gesehen hat. In diesem Sinne sind die Zauberwürfel alle extrem schwierig. Aber wenn man einmal ein Lösungsverfahren einigermaßen gut kennt, kann man es immer wieder passend für die jeweilige Situation anwenden. Leute, die sich bemühen, Zauberwürfel möglichst schnell zu lösen, heißen Speed-Cuber und lösen den 3x3x3-Zauberwürfel binnen weniger Sekunden. Der Rekord liegt bei deutlich unter 5 Sekunden [2].
Relative Schwierigkeit: Jetzt wollen wir die Schwierigkeiten der Zauberwürfel in Abhängigkeit von der Seitenlänge betrachten. Fast jeder beginnt mit dem 3x3x3-Zauberwürfel. Wer den lösen kann, hat auch mi einem 2x2x2-Würfel keinerlei Schwierigkeiten: Man ignoriert beim 3x3x3-Würfel einfach die mittlere Schicht in jeder der drei Richtungen (d.h. man dreht sie nach Belieben oder auch gar nicht). Die Züge entsprechen dann denen des 2x2x2-Würfels und der Algorithmus für die Ecken des 3x3x3-Würfels löst automatisch den kleineren 2x2x2-Würfel. Es gibt eine kleine zusätzliche Schwierigkeit: Es kann passieren, dass genau zwei der Eckwürfel vertauscht sind. Das ist beim 3x3x3-Würfel unmöglich und liegt daran, dass jetzt bei unserem 3x3x3-Modell für den 2x2x2-Würfel die (von uns ignorierten) Seitenmitten die falschen Farben haben.
Beim 4x4x4-Würfel wird es etwas komplizierter: Zwar können Ecken und Kanten wie bei den kleineren Würfeln gelöst werden, aber zusätzlich gibt es erstmalig bewegliche Elemente im Inneren der Seitenflächen. Hier muss ein zusätzlicher Algorithmus her, die diese an die korrekte Stelle bringt. Algorithmisch gesehen steckt auch im 4x4x4-Würfel ein 2x2x2-Würfel, wenn man jeweils die beiden inneren Schichten ignoriert. Aber auch ein 3x3x3-Würfel steckt im 4x4x4-Würfel: Das sieht man, wenn man die beiden inneren Schichten jeweils synchron dreht. Dann bleiben die vier Mittelstücken immer schön zusammen.
Bei den größeren Würfeln wird es algorithmisch nicht mehr komplizierter, es müssen keine neuen Zugfolgen mehr entdeckt und gelernt werden. Man muss nur aufpassen, jeweils die passende Schicht zu drehen. Trotzdem wird die Lösung größerer Würfel aufwändiger: die Zahl der beweglichen Teile auf der Würfeloberfläche steigt: Ihre Anzahl berechnet sich aus dem Würfelvolumen minus des Volumens eines um zwei kleineren Würfels im Inneren und beträgt n³-(n-2)³ = n²-12n+8. Beim Weltrekordwürfel der Größe 33x33x33 sind dies mehr als 6.000 bewegliche Teile, die nacheinander an ihren Platz gebracht werden müssen. Auch werden größere Würfel schwer und unhandlich, was den Aufwand weiter erhöht.
Lösungsalgorithmen: Für die verschiedenen Zauberwürfel gibt es jeweils relativ einfache und leicht zu lernende Algorithmen für Anfänger und auch kompliziertere Algorithmen für Fortgeschrittene oder Speed-Cuber. Die komplexeren Algorithmen sind schwieriger, erlauben aber elegantere Lösungen mit weniger Zügen. Eine schöne Übersicht über verschiedene Lösungsalgorithmen auch für andere Twisty Puzzles ist der Freshcuber-Blog [5]. Ein Anfänger-Video von Roland Frisch finden Sie unter [6].
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